Ein Vortrag mit Detlev Claussen
Di, den 21.10.08 um 19.30 Uhr in der „Plantage 13″, Bremen
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum 9.November.
Die Benennung des 9. November als „Novemberpogrom” gehört zur Geschichte der Bundesrepublik, genauer gesagt zur späten Geschichte Westdeutschlands der 80er Jahre – einer der jüngeren Versuche der „Bewältigung von Vergangenheit”.
Die erinnerungspolitische Betonung des 9.November drängt den unsäglichen Schrecken von Auschwitz, der sich gegen das Erkennen sperrt, in den Hintergrund – der Ausdruck Pogrom stellt das Ereignis in die Kontinuität einer unspezifischen Geschichte des Antisemitismus, die sich aus einer einheitlichen antisemitischen Tradition und diversen Weltanschauungen erklären lassen soll. Paradox: Der Rauch der brennenden Synagogen von 1938 in Deutschland verschleiert, was in Auschwitz geschah.
Der Antisemitismus wird auch nach Auschwitz im öffentlichen Diskurs als ein falsches Gedankengebäude dargestellt, aus dem sich verbrecherische Taten ableiten lassen. Das verfehlt aber den Charakter des Antisemitismus; er ist nicht wesentlich eine falsche Theorie, die sich widerlegen lässt, sondern eine gewalttätige Praxis, die nicht nur aus handfesten Taten, sondern auch in Worten ausgeübt werden kann. Das Gedankliche im Antisemitismus zielt nicht auf Wahrheit, sondern auf Rechtfertigung von Gewalt.
Detlev Claussen ist Publizist, Professor für Gesellschaftstheorie, Kultur- und Wissenschaftssoziologie an der Universität Hannover und Autor des Buches „Grenzen der Aufklärung” (Frankfurt/Main 1987).
Diese Veranstaltung wird in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Bremen durchgeführt.
Verwiesen sei hier noch auf das unbedingt lesenswerte Buch von Detlef Claussen: Grenzen der Aufklärung. Die gesellschaftliche Genese des Antisemitismus