Einführungsveranstaltung mit Heide Gerstenberger.
20 Uhr | Infoladen | St. Pauli-Str. 10-12 | Bremen
Karl Marx beschrieb die historische Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise mit dem Begriff der „ursprünglichen Akkumulation“. In diesem gewaltsamen Prozess entstanden nach Marx die „doppelt freien“ Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter: Frei von der direkten Gewalt personaler Abhängigkeitsverhältnisse wie zuvor unter feudaler Herrschaft, aber auch frei vom Eigentum an Produktionsmitteln. Anhand der marxschen Thesen erläutert die Referentin die wesentlichen Merkmale kapitalistischer Arbeitsverhältnisse. Diese sind im Kontrast zur direkten Gewalt der vorkapitalistischen Verhältnisse vermittelt durch die strukturelle Gewalt von Recht und Vertrag. Doch dies entsprang nicht ökonomischer Rationalität oder unternehmerischer Güte, sondern war Ergebnis langer und harter politischer Kämpfe. Nach Ansicht vieler liberaler wie auch marxistischer Analysen verschwand direkte Gewalt mit der historischen Etablierung des Kapitalismus aus der Sphäre der Lohnarbeit bzw. blieb eine vernachlässigbare Größe. Nach Heide Gerstenberger gehört direkte Gewalt jedoch nicht nur zur Entstehungs-geschichte und zu Krisenperioden des Kapitalismus, sondern prinzipiell zur kapitalistischen Realität. Wie sich das Verhältnis von Gewalt und Recht gestaltet und historisch verändert, soll mit der Veranstaltung dargelegt werden.
Heide Gerstenberger ist pensionierte Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen und Mitherausgeberin der Reihe Theorie und Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft im Verlag Westfälisches Dampfboot. Veröffentlichungen unter anderem: Die subjektlose Gewalt. Theorie und Entstehung bürgerlicher Staatsgewalt, Münster 2006.
Intros sind einführende Veranstaltungen, welche keine Vorkenntnisse voraussetzen. Gewünscht ist eine respektvolle und offene Diskussionskultur, bei der sich niemand für Fragen zu genieren braucht oder sich wegen detaillierter Expert_innendebatten langweilen muss. Mit den Einführungen möchten wir zu Diskussionen über Geschichte, Theorie und Praxis der radikalen Linken anregen. Dabei geht es uns um die gemeinsame Aneignung und Weiterentwicklung kritischen Wissens. Denn die Waffen der Kritik gilt es für künftige Auseinandersetzungen scharf zu halten …
Die Veranstaltung wird organisiert in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Initiative Bremen.